Husqvarna hatte schon immer einen Faible für außergewöhnliche Optik. Die letzte Modellgeneration des Mountain Cross trug den Motor nackt ans Unterrohr geflanscht zur Schau. Dieses offenkundige Bekenntnis zum E-Bike soll auch das neue Mountain Cross vermitteln.
Mit der Optik des Vorgängers hat das neue MC aber nichts mehr gemein, sieht man mal vom 27,5/29-Zoll-Laufradmix (außer in Größe S) ab. Auffällig ist der zweigeteilte Carbon-Hauptrahmen: Parallel zum Unterrohr verläuft eine zweite Strebe, dazwischen sitzt Shimanos EP8.
Diese Konstruktion aus "Fore-Frame" und "Sub-Frame" verleiht dem Husqvarna MC6 ein unverwechselbares Design, soll dem Rahmen aber auch zu hoher Steifigkeit und dem Motor zu optimaler Kühlung verhelfen.
Foto: Sophia Eerden Design-Statement: Die auffällige Optik des neuen MC6 wird vom zweiteiligen Hauptrahmen dominiert. Den Laufrad-Mix hat das neue Mountain Cross vom Vorgänger übernommen.
Damit sich die 720 Wh Batterie wie erstmals bei Specialized oder zuletzt bei Canyon nach unten herausnehmen lässt, wurde der Motor nach oben gedreht – so schuf man den nötigen Bauraum, um die Batterie axial vor dem Motor zu positionieren.
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Nach unten gehalten wird der Antrieb über ein C-förmiges Carbon-Profil, das zur Demontage des Motors entfernt werden kann. Auf ein zusätzliches Motor-Cover wurde verzichtet. So kann der Shimano-Antrieb die entstehende Wärme ungehindert über alle Flächen abgeben.
Foto: Sophia Eerden Parallel zum Unterrohr verläuft eine zweite Strebe – der Dämpfertunnel. Im Front-Rahmen sind die zentralen Komponenten untergebracht: Batterie, Motor und Dämpfer.
Wuchtige Optik, geringes Gewicht, dazu ein neuer Hinterbau
Auch wenn das Gesamtbild durchaus wuchtig aussieht, dürfte laut Hersteller der Blick auf die Waage den Kunden keineswegs verschrecken. Dank Carbon-Chassis soll sich das Gesamtgewicht des MC6 bei maximal 23 Kilo einpendeln, das Rahmengewicht liegt bei 3,6 Kilo.
Verlagssonderveröffentlichung
Neu sind auch Geometrie und Kinematik. Ziel der Entwickler war es, ein agiles, dynamisches E-Bike mit intuitivem Fahrgefühl auf die Räder zu stellen. Schaut man auf die Geometrie-Daten, dann sind die Unterschiede zum Vorgänger eher marginal: Kettenstreben, Reach und Lenkwinkel sind ungefähr gleich geblieben.
Foto: Sophia Eerden Der Motor sitzt hinter der 720 Wh Sliding Batterie, die axial nach unten entnommen wird. Geschützt wird sie von einer Bodenplatte aus Carbon.
Nur der Sitzwinkel ist nun um ein Grad steiler, und das Tretlager liegt ein paar Millimeter tiefer. Insgesamt will Husqvarna so den Fahrer im Vergleich zu den Vorgängermodellen etwas zentraler und tiefer im Bike positionieren. Das gewünschte Ergebnis ist eine ausbalancierte Gewichtsverteilung zwischen Front und Heck, mit etwas mehr Druck auf dem Vorderrad. Das ergibt mehr Kontrolle beim Lenken und ein späteres Aufsteigen der Front in steilen Anstiegen.
Mit 343 Millimetern sitzt das Tretlager zwar immer noch recht weit oben, trotzdem wollten die Entwickler zusätzlich via Fahrwerk vorsorgen, um Aufsetzer zu vermeiden. So soll der Hinterbau beim Pedalieren stabil im Federweg bleiben und im Uphill viel Gegendruck vermitteln.
Während bei den Vorgängermodellen der Dämpfer durch das Sitzrohr verlief, wurde er beim neuen Husqvarna MC6 am Oberrohr positioniert. Diese Anordnung lässt mehr Freiraum bei der Integration der versenkbaren Sattelstützen, außerdem hat nun auch eine Trinkflasche im Rahmen Platz.
Foto: Sophia Eerden Gedrehter Motor: Der freistehende Shimano EP8 wurde nach oben gedreht, um Bauraum für die Entnahme der Batterie zu schaffen. Gehalten wird der Motor von einem C-förmigen Carbon-Profil.Foto: Sophia Eerden Aufgeräumtes co*ckpit: Die Kabel verschwinden zeitgemäß im Steuersatz.
720-Wh-Akku & clevere Detaillösungen
In Sachen Batterie hat sich Husqvarna bei Simplo bedient. Die 720 Wh dicke Core-S3-Batterie wird nach unten entnommen. Dank Fast-Lock-Mechanismus ist dafür kein Werkzeug nötig. Der Benutzer muss lediglich zwei Knöpfe drücken, um den Akku zu entriegeln.
Eine Akkufederung aus Elastomeren sorgt dafür, dass der Akku im Unterrohr schwimmend gelagert und dadurch vor Vibrationen und Erschütterungen geschützt wird. Das Batterie-Cover lässt sich werkzeuglos öffnen, bleibt durch ein Scharnier aber mit dem Unterrohr verbunden.
Hirnschmalz haben die Entwickler auch in einige Details gesteckt. Zum Beispiel können durch die hom*ogenisierung aller Lager, Achsen und Verschraubungen bei fast allen neu vorgestellten Husqvarna-Offroad-Modellen ab dem Modelljahr 22 gleiche Ersatzteile verwendet werden. Und zum Schutz des Akkus vor Überhitzung wird die entstehende Wärme über eine Öffnung im Steuerrohr ausgeleitet.
Foto: Sophia Eerden Funktion meets Design: Durch Öffnungen im Steuerrohr hinterm Front-Mesh wird Wärme des Akkus aus dem Rahmen-Unterrohr ausgeleitet.
Husqvarna Mountain Cross Carbon: 3 Modelle ab 6799 Euro
Drei Modellausführungen wird Husqvarna vom Mountain Cross bringen, alle mit Carbon-Rahmen: Das Top-Modell MC6 soll ab Herbst für 8899 Euro im Laden stehen, das MC5 für 7899 und das MC4 für 6799 Euro. Zudem wird es drei Light-Cross-Modelle mit dem gleichen Chassis, aber nur 120 Millimeter Federweg geben. Die Preise stehen noch nicht final fest, sollen aber im Schnitt ca. 500 Euro unter dem MC liegen.
Daten & Fakten: Das Husqvarna Mountain Cross 2022 im Überblick
- Motor: Shimano EP8 (85 Nm)
- Akku: Simplo Core S3 720 Wh
- Laufradgröße: 27,5 Zoll hinten, 29 Zoll vorne
- Federweg 150/150 mm
- Preise: MC6 8899 Euro, MC5 7899 Euro, MC4 6799 Euro
- Gewicht: ca. 23 Kilo (MC6)
EMTB-Fazit zum neuen Husqvarna Mountain Cross
Mit dem neuen Mountain Cross hat Husqvarna ein selbstbewusstes Design-Statement mit cleveren Details gesetzt. Ein Ziel haben die Produkt-Strategen damit schon mal erreicht: Aufmerksamkeit zu erregen in einem Markt, in dem die Entfaltungsmöglichkeiten dank standardisierter Motoren und Akkus begrenzt sind. Wir sind gespannt, ob das österreichische All Mountain auch auf dem Trail überzeugen wird.
Foto: Husqvarna Die 720-Wh-Batterie wird nach unten entnommen. Dank Fast-Lock-Mechanismus ist dafür kein Werkzeug nötig. Der Benutzer muss lediglich zwei Knöpfe drücken, um den Akku zu entriegeln. Das Batterie-Cover bleit durch ein Scharnier aber mit dem Unterrohr verbunden. Eine Akkufederung aus Elastomeren sorgt dafür, dass der Akku im Unterrohr schwimmend gelagert und dadurch vor Vibrationen und Erschütterungen geschützt wird.
Interview mit Michael Rieder, Director Engineering
EMTB: Was war die Zielsetzung beim neuen Mountain Cross?
Michael Rieder: Ein Produkt zu schaffen, das technisch State oft the Art ist, sich bezüglich Design aber abhebt. Und ich denke, das ist uns gut gelungen. Geometrie und Kinematik sind absolut zeitgemäß. Wie das Design ankommt, wird man sehen.
Schaut man sich die Geometriedaten an, sind die Unterschiede zum Vorgänger eher marginal. Wo liegen die Hauptunterschiede in der Fahrperformance?
Das Bike fährt sich intuitiv und verspielt. Der Fahrer sitzt nun etwas weiter nach vorne versetzt und tiefer im Bike. Dadurch tritt man nicht mehr so sehr von hinten, hat mehr Kontrolle über das Bike. Was die Kinematik angeht, haben wir einen relativ hohen Anti-Squat – beim Bergaufpedalieren bleibt der Hinterbau dadurch sehr stabil, das Bike bäumt sich im steilen Gelände erst spät auf.
Die Rahmenkonstruktion wirkt wuchtig. Gewichts-Minimierung war nicht die Prämisse?
Eher eine Gewichts-Optimierung. Es ging nicht um ein paar Gramm. Wichtig waren uns Funktion und Design. Mit der Konstruktion aus Fore- und Subframe konnten wir mehrere Vorteile realisieren, vor allem die optimale Positionierung von Motor, Akku und Dämpfer.
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